In diesem Moment sitze ich Zuhause im Garten, unter den Apfelbäumen, die uns tagsüber Schatten spenden und dem einen oder anderen auch die Möglichkeit zum Brüten bieten. Mein Blick geht nach Westen – ich sehe das verwachsene Dorf und die weite Landschaft, gefüllt mit Feldern, Windrädern, Bäumen, Wolken und dem Himmel, der in den schönsten Farben leuchtet. Im Hintergrund darf ich der Klaviermusik von Lasse lauschen. Seine Klänge sind so beruhigend, dass ich dabei gut abschalten und einfach sein kann. Vor meiner Nase piepsen die Haussperlingsbabys nach Nahrung – die Eltern haben eine Höhle im Apfelbaum entdeckt und sind zurzeit fleißig am Futter sammeln.
Lisa hat hier unten einen neuen Workspace eröffnet, er fühlt sich lebendig und echt an. Die Hornissen kommen uns regelmäßig besuchen, da es hier unseren leckeren Kefir beim Arbeiten gibt. Eine Maus hat ihren Eingang neben dem Baumstamm errichtet und einen Nachmittag wuselte sie durch das Gras, wobei wir sie beobachten konnten. Auch die Frösche quaken ihr Lied zum Abend.
Ich merke, dass ich gerne draußen arbeite. Aber nicht nur das, sondern auch meine Morgenroutine gelingt mir besser, wenn ich in der Natur aufwache. Im Frühling habe ich angefangen, immer mal wieder in Lischens Bauwagen zu schlafen. Mein Sitzplatz im Garten ist direkt daneben, und von dort aus kann man den Sonnenaufgang wunderbar betrachten. Ich komme leichter aus dem Bett, weil ich schnell im nassen Gras stehe, der Wind seine leichte Brise durch mein Haar weht und die Vögel mir mein Morgenlied zwitschern.
Die Natur macht es mir einfacher, bewusster in den Tag zu starten. Schon am Morgen kann ich die Gartengrasmücke dabei beobachten, wie sie die verschiedensten Asthöhlen anfliegt und prüft, ob das ein geeigneter Ort zum Brüten ist oder ob die Kohlmeise doch schneller war. Die Pflanzen fangen an zu sprießen, und jede enthält unterschiedliche Inhaltsstoffe, die unserer Gesundheit guttun.
Ich möchte lernen, mit der Natur im Einklang zu leben. Mein intuitives Bauchgefühl sagt mir, dass uns die Natur Dinge zum richtigen Zeitpunkt schenkt.
Der Frühling ist das Erwachen der Natur aus ihrem tiefen Winterschlaf – obwohl das nicht bedeutet, dass die Lebewesen schlafen, sondern lediglich ihren Stoffwechsel auf das Minimum reduzieren. Die Bäume füllen ihre Leitungsbahnen mit Glycerin, das den Gefrierpunkt des Wassers senkt. So schützen sie sich vorm Platzen ihrer Transportwege, um im Frühjahr wieder das Wasser bis in die Baumkrone schicken zu können. Aber nicht nur die Bäume, sondern auch Insekten machen sich diese Methode zunutze. Zum Beispiel der Zitronenfalter: Er sucht sich für den Winter einen geschützten Ort unterm Laub und reduziert dort seinen Stoffwechsel. Bevor er in die Winterstarre fällt, presst er überschüssiges Wasser aus seinem Körper und bildet ein körpereigenes Frostschutzmittel mit Glycerin. Sobald es wärmer wird, taut er auf, schlägt seine Flügel und begibt sich auf Nektarsuche im Wald. Ich finde es faszinierend, welche Methoden die Lebewesen sich zu Nutze machen.
Auch die Vögel sind wieder auf dem Weg zu ihren Brutgebieten – viele haben eine lange Reise hinter sich. Einige kommen sogar aus Afrika, wie ich letztes Jahr live miterleben durfte. In diesem Jahr habe ich meinen Fokus auf den Garten gelegt und ihn intensiv erkundet. Die Kleinvögel wie Gartenrotschwanz, Nachtigall und Mönchsgrasmücke konnte ich bei ihrer Ankunft beobachten.
Ein interessanter Sidefact: Die Mönchsgrasmücke hat sich in den letzten Jahren evolutionär weiterentwickelt. Man hat herausgefunden, dass einige nicht mehr bis nach Afrika fliegen, weil die Winter hier wärmer werden. Stattdessen ziehen sie nach England. Durch den Golfstrom herrschen dort mildere Winter als bei uns. Man geht davon aus, dass sie nicht nur wegen der Klimaerwärmung dort überwintern, sondern auch, weil die Engländer tierlieb sind und gerne Futterstationen für Vögel aufstellen. Das Nahrungsangebot im Winter ist dort also sehr hoch. Sie kehren wohlgenährt und früher zur Paarungszeit zurück und haben dadurch einen großen Vorteil, ihre Nachkommen erfolgreich durchzubringen. Auch ihre Anatomie hat sich verändert – Schnäbel und Flügel haben sich an die jeweilige Umgebung angepasst. Man könnte sie im Garten unterscheiden, aber sie sind ganz schön flink unterwegs.
Aber auch im Wald ist einiges los, da würde ich gerne beim nächsten Mal anknüpfen und meine Erlebnisse mit euch teilen.
Ich hoffe, ihr habt einen kleinen Einblick in unseren Garten bekommen. Bis bald
Hi Leonie
Mal wieder ein riesiges Vergnügen deine Texte zu lesen….
LG Rowaldt